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Fachnachrichten plus

FACHNACHRICHTEN PLUS - JULI 2023

THEMEN

 
1. Einschränkung bei Erstprüfungen (ISA (DE) 510)?
2. Was macht Ex-WP Dr. Christian Orth von EY?
3. Neulich auf einer Abschlußprüfung … Folge 4: Abendessen mit Weinbegleitung
4. Aktuelles Prüfungswesen III-23
5. Ihnen eine gute Zeit
6. Herausgeber
1.

Einschränkung bei Erstprüfungen (ISA (DE) 510)?

 

Erstprüfungen sind ein zweischneidiges Schwert: Der alte Prüfer verliert, der neue Prüfer gewinnt. Mal ist man der eine, mal der andere.

Der neue Prüfer muss die EB-Werte prüfen.

Bislang reichte dazu meist das Lesen den Prüfungsberichtes des alten Prüfers. Der hat ja die SB-Werte des Vorjahres schon geprüft (IDW PS 205, Tz. 12). Warum also nochmals das Vorjahr prüfen?

Nächstes Jahr gelten aber die ISA (DE) und IDW PS KMU. Und dann reicht das Lesen des Prüfungsberichtes zur Prüfung der EB-Werte allein nicht mehr, sagt das IDW.

Der neue Prüfer muss zusätzlich die Arbeitspapiere des alten Prüfers durchsehen, beurteilen, ob die für seine Prüfung erlangten Prüfungsnachweise auch für die Prüfung der EB-Werte genutzt werden können, und/oder spezifische Prüfungshandlungen durchführen (ISA (DE) 510, Tz. 6).

Schon erwartet das IDW eine künftig häufigere Einsichtnahme in die Arbeitspapiere des alten Prüfers (IDW F&A, Zur Einführung der ISA (DE), Frage 4.5.3).

Nanu, erst verliert der alte Prüfer sein Mandat und soll dann dem neuen Prüfer auch noch Einsicht in seine Arbeitspapiere geben?!

Muss er nicht! Die Einsichtsgewährung ist freiwillig (ISA (DE) 510, Tz. D.A7.2 (Ausnahme: PIE-Unternehmen).

Nur, wie soll der neue Prüfer dann z.B. die EB-Werte Vorräte prüfen? Die Inventurbeobachtung des laufenden Jahres liefert kaum Prüfungsnachweise für den Anfangsbestand (ISA (DE) 510, Tz. A6). An der Vorjahresinventur hat er nicht teilgenommen. An die Arbeitspapiere des alten Prüfers kommt er nicht ran, und der Prüfungsbericht allein reicht nicht mehr.

Also ein Prüfungshemmnis bei den EB-Werten, das zur Einschränkung führt. Dazu passend gibt uns das IDW eine Formulierung des Bestätigungsvermerks aufgrund Nichtprüfbarkeit der EB-Werte Vorräte an die Hand (ISA (DE) 510, Anlage D).

Und beim ungeprüften Vorjahr? Da gibt es schon gar keine Inventurbeobachtung. Dann erst recht einschränken? Dazu schweigt ISA (DE) 510…

Die ISA (DE) und IDW PS KMU sind Schwerpunkt im 3. Quartal 23 bei PR1MUS.

   
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2.

Was macht Ex-WP Dr. Christian Orth von EY?

 

Früher war Herr Dr. Orth ein angesehener Mann:

Seit 2005 bei EY, dort ab 2017 Leiter der Grundsatzabteilung Professional Practice Group“, ab 2017 Mitglied im HFA des IDW, Vorstandsmitglied der WPK (2018 - 2022), dort ausgerechnet Mitglied der Vorstandsabteilung Berufsaufsicht, und noch mehr.

Damals war er noch WP. Ist er jetzt nicht mehr. Und das kam so:

Vor drei Jahren geriet EY durch ihre „schlampige Prüfung“ von Wirecard in den Fokus der Öffentlichkeit (FAZ, 13.4.23). Über Jahre hinweg war EY nicht in der Lage gewesen, liquide Mittel ordnungsmäßig zu prüfen. Mrd. EUR 1,9 waren unauffindbar. EY fühlt sich betrogen.

Schon damals fiel Herr Dr. Orth mit seiner abenteuerlichen Meinung zur kritischen Grundhaltung im Wirecard-Untersuchungsausschuss auf: „Rein auf Basis von Zweifeln, rein auf Basis von Vermutungen, rein auf Basis von Behauptungen ist der Abschlussprüfer qua Gesetz nicht in der Lage, den Bestätigungsvermerk einzuschränken.“ (Bundestag, Schlussbericht des Wirecard-UA, BT-Drs. 19/30900, 22.6.21, 385).

Hoppla, kennt Herr Dr. Orth denn keine Prüfungshemmnisse? Der Untersuchungsausschuss stellte denn auch im Juni 21schwere Versäumnisse“ bei der Wirecard-Prüfung fest und auch Versäumnisse bei Herrn Dr. Orth als Leiter der EY-Qualitätskontrolle (Bundestag, Schlussbericht des Wirecard-UA, BT-Drs. 19/30900, 22.6.21, 1621).

Trotzdem widmete die ehrwürdige IDW Life im August 21 Herrn Dr. Orth eine halbe Seite zu Werdegang, Aufgaben und Zielen und was Europa für ihn bedeutete (vgl. IDW Life 21, 809). Im Januar 22 wurde Dr. Orth als Mitglied des HFA vorgestellt (vgl. IDW Life 22, 24). Und noch im Dezember 22 sprach Herr Dr. Orth zur Nachhaltigkeit (vgl. IDW Life 22, 1130).

Jedenfalls ermittelte die APAS zum Schluss gegen 12 WP sowie gegen EY selbst wegen Berufspflichtverletzungen bei den Wirecard-Prüfungen.

Fluchs verzichteten 7 WP auf ihre Bestellung. So mussten sie keine Sanktionen fürchten, denn die APAS kann nur gegen Berufsangehörige vorgehen. Dr. Orth wurde inzwischen aus dem Berufsregister gelöscht. Zur Beiratswahl 22 war er schon gar nicht mehr angetreten.

Dagegen führt das IDW-Mitgliederverzeichnis Herrn Ex-WP Dr. Orth noch als Mitglied und WP (Abruf: 19.6.23) – wäre mal zu aktualisieren, woll?

Im März 23 wurde EY von der APAS mit einer Geldbuße von TEUR 500 und einem zweijährigen PIE-Prüfungsverbot für neue Mandate belegt; die übrigen 5 WP erhielten Geldbußen von TEUR 23 bis TEUR 300 (vgl. APAS, Beschlusskammerentscheidung „Berufsaufsicht“ zum Berufsaufsichtsverfahren der Abschlussprüfer in Sachen Wirecard, 3.4.23). Berufsverbote gab es nicht.

Und was macht der Mann nun?

Jetzt ist Dr. Orth der globale Solution Leader für Sustainability Reporting and Aussurance der CCaSS in Stuttgart. Keck schreibt EY auf seiner Internetseite: „Vor dem Hintergrund seiner beruflichen Tätigkeit als Wirtschaftsprüfer trägt er zudem zur Entwicklung von Standards zur Prüfung der Nachhaltigkeitberichterstattung bei“ (Abruf: 19.6.23).

Eine Frage habe ich noch: Klingt Solution Leader wirklich besser als Wirtschaftsprüfer?

   
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3.

Neulich auf einer Abschlußprüfung … Folge 4: Abendessen mit Weinbegleitung

 

Ein kommunales Unternehmen hatte neulich einen Prüferwechsel. Viel Zeit nahm sich der joviale Geschäftsführer (Dienstwagen: Mercedes E-Klasse), den Prüfern die Handhabung des kürzlich für die Geschäftsführungsebene angeschafften hochwertigen Kaffeeautomaten zu erklären. Angenehme Atmosphäre.

Der Prüfer muss auch Verstöße (dolose Handlungen) erkennen (§§ 317 Abs. 1 Satz 2 HGB, 43 Abs. 2 Nr. 4 WPO). Dazu identifiziert und beurteilt er das Fehlerrisiko aus dolosen Handlungen und reagiert darauf mit angemessenen Prüfungshandlungen.

Also nahm der Assistent Einsicht in die Bewirtungsaufwendungen und staunte. Seine Kunden lud der Geschäftsführer hin und wieder in ein gehobenes Restaurant ein: Abendessen mit Weinbegleitung für zwei Personen für EUR 600. Eine ältere Bewirtungsrichtlinie war unklar.

Vom Ehrgeiz gepackt, filterte der Assistent nun gezielt Geschäftsvorfälle des Geschäftsführers und fand eine Rechnung über den Verkauf eines dreijährigen VW Golfs an die Tochter des Geschäftsführers zum Preis einer zuvor eingeholten knappen Werteinschätzung eines Händlers. Verkauf war im September, bei Prüfung im April des Folgejahres war die Rechnung noch immer nicht beglichen und auch nicht gemahnt. Natürlich wurde die Zahlung daraufhin noch am selben Tag veranlasst.

Im Übrigen war der Geschäftsführer viel mit seinem privaten Hausbau beschäftigt: Da die Kopierer im Unternehmen maximal DIN A3 beherrschten, die Bauzeichnungen aber DIN A2 waren, musste kurzerhand ein Mitarbeiter zu einem 50 km entfernten Copyshop fahren, um dort die Zeichnungen kopieren zu lassen.

Wie geht ein Prüfer damit um?

Das Unternehmen hatte einen Aufsichtsrat. Der Aufsichtsrat ist Überwachungsorgan (IDW PS 470 n.F., Tz. A4). Ihm muss der Prüfer bedeutsame IKS-Mängel schriftlich mitteilen (IDW PS 475, Tz. 13). Das sind z.B. mangelhafte Kontrollen zu dolosen Handlungen und Geschäfte mit Nahestehenden (IDW PS 475, Tz. A6 f.).

Wichtig: Ein bedeutsamer Mangel kann auch dann vorliegen, wenn der Prüfer keine Fehler in Abschluss und Lagebericht fand (IDW PS 475, Tz. A5). Inwieweit der Geschäftsführer hier tatsächlich dolos handelte, muss der Prüfer für seine Mitteilungspflicht gar nicht abschließend bewerten. Die mündliche Mitteilung vorab kann angemessen sein (IDW PS 470 n.F., Tz. A54).

   
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4.

Aktuelles Prüfungswesen III-23

 

Das dritte Quartal steht im Fokus der neuen ISA (DE) und IDW PS KMU:

Was sind die Big Points? Was ändert sich? Was ist besser – ISA (DE) oder PS KMU?

Dazu wie gewohnt charmante Hinweise ans IDW.

   
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5.

Ihnen eine gute Zeit

 

Das war es für heute. Machen Sie es gut!

   
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6.

Herausgeber

 

WP StB Mark Schüttler – Memeler Weg 44 – 58511 Lüdenscheid

info@primus-seminare.de

 
   
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