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Fachnachrichten plus

FACHNACHRICHTEN PLUS - SEPTEMBER 2023

THEMEN

 
1. Nachhaltigkeit oder was?
2. Doppelte Maßgeblichkeit bei Handelswaren
3. ISA oder ISA (DE)?
4. Neues zu Ex-WP Dr. Christian Orth von EY
5. Ihnen eine gute Zeit
6. Herausgeber
1.

Nachhaltigkeit oder was?

 

Nachhaltigkeit ist in aller Munde.

Und inzwischen auch ein Modewort mit inflationärem Gebrauch. Wer schmückt sich nicht gern damit, irgendwie nachhaltig zu sein?

Dabei ist Nachhaltigkeit selbst im unternehmerischen Bereich nichts Neues: Geldgeber klopfen seit jeher ab, ob Geschäftsmodelle von Unternehmen wirtschaftlich nachhaltig sind.

Im Kern heißt Nachhaltigkeit: Verbrauche nicht mehr Ressourcen, als die Umwelt regenerieren kann. Das fällt uns seit jeher nicht leicht.

Nicht nachhaltig waren wir schon beim Dodo: Der war ein flugunfähiger Vogel, doppelt so groß wie ein Schwan, und lebte auf Mauritius. 1598 von Seeleuten entdeckt, wurde er als Frischfleisch für Seefahrten gejagt, und auch seine Eier wurden gegessen. Wenige Jahrzehnte später war der Dodo ausgerottet.

Große Gesellschaften müssen ab Geschäftsjahr 2025 im Lagebericht eine Nachhaltigkeitserklärung abgeben: „Tu Gutes und sprich darüber!

Nur: CSRD, ESEF, ESRS, EU Tax-VO – wer blickt da noch durch?

Abenteuerlich, was den Unternehmen alles abverlangt wird. Ein eigenes Berichtswesen muss her. Und das Knowhow. Dazu braucht es neue Mitarbeiter. Nachhaltigkeitsberichterstattung kostet also vor allem erst einmal eines: viel Geld, das dann womöglich wieder woanders fehlt. Eine Schippe mehr auf den Bürokratismushaufen. Droht manchem Mittelständler mit der Berichterstattung nicht eine Überlastung? Und ist das dann auch noch nachhaltig?

Ab Q4-23 ist die Nachhaltigkeit Thema bei PR1MUS.

   
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2.

Doppelte Maßgeblichkeit bei Handelswaren

 

Ein Unternehmen kauft Handelswaren:

  • Anschaffungskosten EUR 80 / Stück;
  • voraussichtlicher Verkaufspreis EUR 100 / Stück

Zum Stichtag sinken

  • die Wiederbeschaffungspreis auf EUR 60 / Stück und
  • der voraussichtliche Verkaufspreis auf EUR 90 / Stück.

Mandant 1 will unbedingt abwerten, Mandant 2 will keinesfalls abwerten. Was tun?

Im Umlaufvermögen gilt der strenge Niederstwertgrundsatz (§ 253 Abs. 4 HGB). Wie bestimmt sich die Untergrenze? Dazu schweigt das HGB, umso mehr sagt die Literatur:

Meist ist

  • für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe der Beschaffungsmarkt und
  • für unfertige und fertige Erzeugnisse der Absatzmarkt

maßgeblich. Was gilt für Handelsware?

Meinung 1 sagt, es gilt die doppelte Maßgeblichkeit von Beschaffungsmarkt und Absatzmarkt, d.h. die Wertuntergrenze wird bestimmt aus dem niedrigeren von Wiederbeschaffungspreis und Verkaufspreis.

Dann sind Wertuntergrenze EUR 60 / Stück, und damit ergibt sich eine Abwertung von EUR 20 / Stück. Mandant 1 ist zufrieden.

Meinung 2 sagt, der Beschaffungsmarkt ist irrelevant, wenn die Handelsware noch immer mit Gewinn verkauft werden kann. Ein verminderter Gewinn ist kein Abschreibungsgrund.

Dann gibt es keine Abwertung. Mandant 2 ist zufrieden.

Literaturauswahl

  • Hoffmann/Lüdenbach, NWB Kommentar Bilanzrecht, 14. Aufl. 2022, § 253, Rz. 231
  • IDW, Bewertung von Handelswaren nach HGB, 29.3.2012
   
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3.

ISA oder ISA (DE)?

 

Mea culpa: Ich hatte zum Giftschrank gegriffen und ins WP-Handbuch vom IDW geblickt.

Prompt wurde ich fündig. Ich stolperte über folgende Passage:

„Eine ausschließliche und unmittelbare Anwendung der ISA ist jedenfalls bei gesetzlichen Abschlussprüfungen aus folgenden Gründen weder zulässig noch erscheint dies sachgerecht:

Bestimmte in der EU bzw. in Deutschland geltende gesetzliche Anforderungen (…) werden von den ISA nicht adressiert. Deshalb hält das IDW die entsprechenden Prüfungsstandards weiterhin aufrecht und entwickelt sie bei Bedarf fort (bspw. die IDW Prüfungsstandards zur Erstellung des Prüfungsberichts, zur Prüfung des Lageberichts und zur Prüfung des Risikofrüherkennungssystems) (…)“ (IDW, WP-Handbuch, 18. Aufl. 2023, L637).

Das IDW hat aber auch immer irgendwas. Immer hat es irgendwas.

Dabei erlaubt die WPK die unmittelbare Anwendung der ISA weiter ausdrücklich:

„Eine unmittelbare Anwendung der (…) ISA wird künftig weiterhin möglich sein (…) Die nationalen Besonderheiten hat der Berufsträger auf Grundlage der gesetzlichen Anforderungen im Rahmen seiner Eigenverantwortlichkeit zu adressieren“ (WPK, Anwendung der ISA in Deutschland, Mitglieder fragen – WPK antwortet, 13.3.2020).

Der Prüfer kann wählen:

  • Er kann nach IDW GoA prüfen, d.h. nach ISA (DE) plus bestimmter IDW PS („Mischmasch“).
  • Er kann nach ISA prüfen. In der reinen ISA-Welt gibt es z.B. keine IDW PS zum Lagebericht und Prüfungsbericht. Dann wird der Lagebericht wie auch der Abschluss ganz normal nach ISA 315 (R 2019) und ISA 330 geprüft. Und zum Prüfungsbericht sagt schon § 321 HGB eindeutig, was rein muss in den Bericht.

Fazit:

Ob ISA oder ISA (DE): Prüfe nach den Standards, mit denen Du Dich wohl fühlst.

 

Und dann gibt es noch die drolligen IDW PS KMU, aber das ist ein ganz anderes Thema.

   
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4.

Neues zu Ex-WP Dr. Christian Orth von EY

 

Erinnern wir uns:

Erst die Wirecard-Pleite, dann der parlamentarische Wirecard-Untersuchungsausschuss. Der stellt „schwere Versäumnisse“ bei der Wirecard-Prüfung und auch Versäumnisse bei Herrn Dr. Orth, dem Leiter internen der EY-Qualitätssicherung fest (Bundestag, Schlussbericht des Wirecard-UA, BT-Drs. 19/30900, 22.6.21, 1620 f.).

Unbeirrt blieb Herr Dr. Orth Mitglied im Vorstand der WPK Und sprang auch sonst, wie man hört, im Ton recht ruppig mit seinen zu EY-Wirecard andersgläubigen Kolleginnen und Kollegen im WPK-Vorstand um. Wie peinlich für den gesamten Berufsstand.

Dann ermittelte die APAS gegen 12 WP sowie gegen EY selbst wegen Berufspflichtverletzungen bei den Wirecard-Prüfungen. Fluchs verzichteten 7 WP auf ihre Bestellung. So mussten sie keine Sanktionen fürchten, denn die APAS kann nur gegen Berufsangehörige vorgehen.

Dr. Orth wurde Anfang des Jahres aus dem Berufsregister gelöscht. Jetzt ist er Ex-WP.

Und weiter für EY tätig. Stichwort: Nachhaltigkeit!

Noch im Juni 2023 wurde Herr Dr. Orth im öffentlich einsehbaren IDW-Mitgliederverzeichnis als ordentliches Mitglied geführt.

Auch im Juni 2023 fand das 35. Münsterische Tagesgespräch zur Nachhaltigkeit statt. Letzter Referent des Tages:

„Herr WP/StB Dr. Christian Orth, Partner und globaler Solution Leader für Sustainability Reporting and Assurance des Bereichs Climate Change and Sustainability Services der Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Leiter des Corporate Reportings Desks Westeuropa sowie Mitglied verschiedener Gremien auf nationaler und internationaler Ebene“ (MGK e.V., Tagungsbericht zum 35. Münsterischen Tagesgespräch).

Will ich mir von diesem Ex-WP erzählen lassen, was ich zu tun und zu lassen habe?

Sogar auf der diesjährigen Kammerversammlung im Juni 2023 war Herr Dr. Orth noch mit einem Praxisvortrag zur Nachhaltigkeit groß angekündigt (vgl. WPK-Magazin 1-23, 33). Schließlich sprach doch wer anderes.

Und auch aus dem IDW-Mitgliederverzeichnis wurde Herr Dr. Orth nun gelöscht.

Eine Frage habe ich noch: Sind wir nicht alle „Solution Leader“? 

   
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5.

Ihnen eine gute Zeit

 

Das war es für heute. Wir sehen uns auf den Seminaren!

   
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6.

Herausgeber

 

WP StB Mark Schüttler – Memeler Weg 44 – 58511 Lüdenscheid

info@primus-seminare.de

 
   
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