Die Gesellschafterversammlung (GV) einer prüfungspflichtigen Kapitalgesellschaft beschließt, das Geschäftsjahr zu ändern und ein Rumpfgeschäftsjahr einzulegen. Dieser Beschluss wurde weder notariell beurkundet noch zur Eintragung in das Handelsregister (HR) angemeldet.
Die notarielle Beurkundung und die Anmeldung zur Eintragung in das HR sowie die Eintragung selbst erfolgten erst, nachdem ein Jahresabschluss auf den (vermeintlich) geänderten Stichtag aufgestellt und dieser von der GV festgestellt wurde.
Welche Konsequenzen ergeben sich hieraus für die Prüfung, den Prüfungsbericht (PB) und den Bestätigungsvermerk (BSV) des Prüfers des Folgeabschlusses?
Die Angabe des Zeitraums, auf den sich das Geschäftsjahr einer GmbH erstreckt, ist ein sog. „notwendiger echter Satzungsbestandteil", dessen Änderung nach § 53 II 1 GmbHG eines notariell beurkundeten Gesellschafterbeschlusses bedarf. Rechtlich wirksam ist die Satzungsänderung erst ab dem Zeitpunkt, zu dem sie in das HR eingetragen ist ( § 54 III GmbHG). Es ist nicht zulässig, der Satzungsänderung eine Rückwirkung auf der körperschaftsrechtlichen Ebene beizulegen.
Nach § 242 III i.V.m. I 1 S.1 HGB müssen Kaufleute für den Schluss eines jeden Geschäftsjahres einen Jahresabschluss aufstellen. Wird ein Abschluss auf ein vom satzungsmäßigen Abschlussstichtag abweichendes Datum aufgestellt, handelt es sich bei diesem Abschluss nicht um den Jahresabschluss i.S.d. § 242 HGB. Der Kaufmann hat somit gegen seine gesetzliche Pflicht zur Aufstellung eines Jahresabschlusses verstoßen.
Eine Heilung durch Zeitablauf scheidet in diesen Fällen aus, weil die analoge Anwendung von § 256 AktG voraussetzt, dass ein festgestellter und damit auch aufgestellter Jahresabschluss vorliegt (§ 256 VI i.V.m. I AktG). Eine Heilung durch Zeitablauf kann auch deswegen nicht eintreten, weil ein nicht aufgestellter Jahresabschluss auch nicht geprüft sein kann und eine Nichtigkeit aufgrund unterlassener Pflichtprüfung des Jahresabschlusses (§ 256 I Nr. 2 HGB) nach § 256 VI AktG nicht durch Zeitablauf geheilt werden kann.
Im Zusammenhang mit den Konsequenzen unterlassener Pflichtprüfungen für die Prüfung des Folgeabschlusses wird im Schrifttum mehrheitlich die Auffassung vertreten, dass ein nichtiger Vorjahresabschluss nicht zwangsläufig zur Nichtigkeit des Folgeabschlusses führt. Dies wird damit begründet, dass § 256 AktG eine abschließende Aufzählung von Nichtigkeitsgründen enthält und dort die Nichtigkeit eines Jahresabschlusses für die unmittelbar vorangegangene Periode nicht als eigeständiger Nichtigkeitsgrund aufgeführt wird. Für einen nicht aufgestellten Jahresabschluss sollte nichts anderes gelten, weil auch ein nichtiger Jahresabschluss im rechtlichen Sinne nicht existent ist.
Sofern für das Vorjahr pflichtwidrigerweise kein Jahresabschluss aufgestellt wurde, sind bei der Prüfung des Folgeabschlusses die Grundsätze des IDW Prüfungsstandards: Prüfung von Eröffnungsbilanzwerten im Rahmen von Erstprüfungen (IDW PS 205) zu beachten.
Falls der Prüfer des Folgeabschlusses gegen die Bilanz des Vorjahresabschlusses keine Einwendungen aufgrund von Verstößen gegen handelsrechtliche Rechnungslegungsvorschriften zu erheben hat, ergeben sich aus der Nichtigkeit des Vorjahresabschlusses grundsätzlich keine Auswirkungen auf die Einschätzung der Ordnungsmäßigkeit des zu prüfenden Folgeabschlusses. Dies sollte auch in den Fällen gelten, in denen der Prüfer des Folgeabschlusses gegen den Abschluss keine Einwendungen zu erheben hat, der auf den Schluss des Zeitraums aufgestellt wurde, der dem Zeitraum des zu prüfenden Folgeabschlusses unmittelbar vorangeht, auch wenn dieser Abschluss kein Jahresabschluss i.S.d. § 242 HGB ist. Somit könnte gemäß § 322 III HGB auch die Erteilung eines uneingeschränkten BSV durchaus in Frage kommen.
Der Abschlussprüfer hat in seinem PB gemäß § 321 I 3 HGB auch über bei Durchführung der Abschlussprüfung festgestellte Unrichtigkeiten oder Verstöße gegen gesetzliche Vorschriften sowie Tatsachen zu berichten, die schwerwiegende Verstöße von gesetzlichen Vertretern oder von Arbeitnehmern gegen Gesetz, Gesellschaftsvertrag oder Satzung erkennen lassen.
Unter die Verstöße der gesetzlichen Vertreter fallen auch wesentliche Verletzungen von Aufstellungs- und Publizitätspflichten im Zusammenhang mit Vorjahresabschlüssen.
Im Ergebnis ist somit festzuhalten, dass sich insbesondere für die Berichterstattung im Prüfungsbericht (§ 321 HGB, IDW PS 450) umfassende Berichtspflichten ergeben.(dh)