Am 18.02.2015 testierte PwC den Jahres- und Konzernabschluss von VW uneingeschränkt. Am 17.02.2015 legten die seinerzeitigen Vorstände (Pötsch und Winterkorn) den "Bilanzeid" ab und unterschrieben nach Beendigung der Abschlussprüfung durch PwC die Vollständigkeitserklärung. Der Bestätigungsvermerk wurde von Prof. Winkeljohann (CEO von PwC) persönlich und seinem PwC-Partner Hübner (als Rechtsunterzeichner) unterschrieben.
Nach allem, was aus Wolfsburg zu vernehmen ist, wusste das Management (incl. CEO) bereits seit Mitte 2014 von den Abgasmanipulationen. PwC wurde somit eine wissentlich falsche Erklärung unterzeichnet.
Die spannenste aller Fragen ist, ob PwC in die Angelegenheit "eingeweiht" war und von der bereits anrollenden Lawine hätte wissen müssen.
Einer Kleinen Anfrage an die Bundesregierung ist zu entnehmen, dass die WPK bisher kein Ermittlungsverfahren gegen PwC eingeleitet hat und der Fall auch nicht, wie es die WPO vorsieht, an die GStA Berlin übergeben wurde.
Seither sind auch die fachlichen Regeln außer Kraft gesetzt: Weder erfolgte bisher durch PwC ein Widerruf des Bestätigungsvermerks (IDW PS 400, Tz. 111), noch gibt es eine Änderungsprüfung (§ 316 III HGB) oder eine Mandatskündigung wegen Vertrauensbruch (§ 318 VI HGB).
Offensichtlich kann man die Feststellungen der Finanzmarktkrise bezüglich Banken (to big to fail) auch auf die Big4 übertragen. Es muss also einen "faktischen Zwang" zum uneingeschränkten Testat im Bereich der "börsennotierten Aushängeschilder der Deutschland-AG" geben, wo dann für die Big4-Prüfer die (selbst aufgestellten) fachlichen Regeln des IDW nicht mehr gelten.
Zur Zeit sitzen die PwC-Prüfer wieder in Wolfsburg und "basteln" an einem Testat. Die Hauptversammlung ist auf unbestimmte Zeit aufgeschoben.
Ein eingeschränkter Bestätigungsvermerk für den Jahres- / Konzernabschluss 2015 hätte für VW weitreichende Folgen. Unter anderem könnten von Fremdkapitalgebern eventuell Kredite und Anleihen fällig gestellt werden. Hierdurch könnte VW in ernsthafte Schwierigkeiten geraten.
Noch ist es zwar nicht so weit: Allerdings tragen die neuesten Enthüllungen, wonach Ex-Vorstandschef Martin Winterkorn bereits ab Mai 2014 konkrete Hinweise auf die Probleme in den USA vorgelegen hätten, nicht gerade zu einer schnellen Einigung mit den US-Behörden bei.
Im Falle der jahrelangen Betrügereien von VW gelten offensichtlich für Abschlussprüfer der Big4 und deren Meinungsführer in der WPK (Vizepräsident Dr. Gelhausen & Co.) weder berufsrechtliche Regeln (WPO), noch die Facharbeit des eigenen Lobbyvereins (IDW e.V.).
Man muss als Abschlussprüfer und Mandant halt nur groß genug sein, um dem "faktischen Zwang" zum uneingeschränkten Bestätigungsvermerk zu erliegen!
Die Berufsaufsicht in der WPK interessiert dies offensichtlich ebenso wenig, wie deren Fach- (APAK) oder Rechtsaufsicht (BMWi). Und was sagt die Deutsche Bilanzpolizei (DPR) dazu? (dh)