Primärausrichtung einer Abschlussprüfung ist die einer Gesetzesmäßigkeitsprüfung (§ 317 I HGB). D.h., dass vBP/WP insbesondere zu prüfen haben, ob die gesetzlichen Vertreter bei der Aufstellung des Jahresabschlusses die relevanten gesetzlichen Vorschriften beachtet haben. Die gesetzlichen Vorschriften sind Ergebnis der Legislative und von allen Akteuren gleichsam zu beachten.
Da dem Gesetz nicht zu entnehmen ist, wie im Einzelnen ein Jahresabschluss zu prüfen ist, wurden vom "national standardsetter" des Berufsstandes (IDW) fachliche Regeln entwickelt, die beachtet werden "sollten". Gerichtet sind diese Verlautbarungen an den Berufsstand.
Es scheint jedoch mittlerweile so, dass dem IDW in seiner Arroganz und Borniertheit in den letzten Jahren der Kompass abhanden gekommen ist und man die Trennlinie zwischen Gesetz und Facharbeit nach Belieben verwischt.
Im IDW PS 270 n.F., Tz. 9 schreibt man bspw. Mandanten vor, dass sie dezidierte (und höchst problematische) Anhangangaben zu Unsicherheiten bei der Beurteilung der "going-concern-Prämisse" machen müssen. Dies sieht das HGB nicht vor, wird jedoch vom IDW e.V. verlangt und den Kollegen/innen aufgetragen, bei Nichtbefolgen den Bestätigungsvermerk (BSV) einzuschränken (Tz. 31 f., A29).
Damit noch nicht genug:
Bei der Transformation des ISA (E-DE) 550, der ab 2020 den IDW PS 255 ersetzen soll, verlangt das IDW von Mandanten ausufernde Anhangangaben zu "Geschäften mit Nahestehenden", die weit über die Angabepflichten nach § 285 Nr. 21 HGB hinausgehen. Sollten diese Irrungen tatsächlich "fachliche Regel" für den Berufsstand werden, so müsste auch hier bei Nichtbeachtung durch den Mandanten der BSV modifiziert werden.
Dem IDW scheint hier jedwede Orientierung abhandengekommen zu sein.
Klartext: Adressat von Facharbeit ist nicht der gesetzliche Vertreter. Dieser unterliegt nur dem Gesetz!
Die WPK sollte aus ihrer "Zuschauerrolle" erwachen und hierzu klar Stellung beziehen, denn letztlich geht es auch um die Berufsaufsicht (§ 57 WPO).