Diese Frage, welche Reaktion des Abschlussprüfers sachgerecht ist, wenn im Rahmen einer Abschlussprüfung dolose Handlungen des Mandanten aufgedeckt werden, beschäftigte zuletzt die Vorstandsabteilung Berufsaufsicht.
Sachverhalt:
Im vorliegenden Fall hatten Berufsangehörige im Verlauf einer Abschlussprüfung Untreuehandlungen der Geschäftsführung entdeckt. Darauf angesprochen, sicherte die Geschäftsführung den Berufsangehörigen zu, sich dem Aufsichtsorgan zu offenbaren und mit ihm eine Lösung zur Wiedergutmachung herbeizuführen.
Diese Handlungen der Geschäftsführung waren bis zur Beendigung der Abschlussprüfung nicht erfolgt.
Im Vertrauen darauf, dass sie nach Beendigung der Abschlussprüfung noch erfolgen werden, entschieden die Berufsangehörigen, ihrerseits das Aufsichtsorgan nicht über den Vorgang zu unterrichten. Eine Berichterstattung im Prüfungsbericht erfolgte ebenfalls nicht. Von den Berufsangehörigen blieb außerdem die unzutreffende Abbildung des Vorgangs in der Rechnungslegung unbeanstandet, durch die das geprüfte Unternehmen erreichte, dass die festgestellten Veruntreuungen gegenüber den (externen) Adressaten verdeckt wurden.
Im Rahmen der Folgeprüfung mussten die Berufsangehörigen feststellen, dass die Geschäftsführung sich nicht an ihre im Vorjahr gegebene Zusage gehalten, sondern vielmehr weitere Untreuehandlungen begangen hatte.
Daraufhin unterrichteten die Berufsangehörigen das Aufsichtsorgan.
Beurteilung der Vorstandsabteilung Berufsaufsicht (VOBA):
Die VOBA stellte fest, dass die Reaktion der Berufsangehörigen im Rahmen der Abschlussprüfung, bei der die Untreuehandlungen erstmalig bemerkt wurden, nicht vertretbar war und einen erheblichen Verstoß gegen die Berufspflicht zu gewissenhafter Berufsausübung (§ 43 I S.1 WPO i.V. § 4 I BS WP/vBP) darstellt.
Die Berufsangehörigen hätten sich nicht mit den Zusicherungen der Geschäftsführung zufrieden geben dürfen. Vielmehr hätten die Berufsangehörigen (auch) ihrerseits das Aufsichtsorgan informieren müssen (IDW PS 210, Tz. 62 ff., 73). Zudem hätte gemäß § 321 I S. 3 HGB im Prüfungsbericht berichtet werden müssen. Die Berufsangehörigen hätten zwingend die Rechnungslegung des Unternehmens beanstanden müssen.
Die VOBA hielt im Ergebnis den Ausspruch einer Rüge für erforderlich und angemessen.(dh)