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FACHNACHRICHTEN PLUS - APRIL 2024

THEMEN

 
1. Nachhaltigkeit 1: CSRD-Referentenentwurf (März 2024)
2. Nachhaltigkeit 2: autonomer Bürokratieabbau – Sachsen macht es vor!
3. Endlich: Die neuen Größenklassen-Schwellen sind Gesetz
4. Anhang: Ereignisse nach Schluss des Geschäftsjahres – Praxisfall
5. Seminar Q2-24
6. Herausgeber
1.

Nachhaltigkeit 1: CSRD-Referentenentwurf (März 2024)

 

Letzten Monat veröffentlichte das Bundesjustizministerium seinen CSRD-Referentenentwurf.

Vorweg: Das IDW sprach zeitweise falsch vom Gesetzentwurf. Den gibt es noch gar nicht.

Der Unterschied:

Der Referentenentwurf kommt vom FDP-Bundesjustizministerium – ist also nicht mit SPD und Bündnis 90/Die Grünen abgestimmt.

Wer soll den Nachhaltigkeitsbericht prüfen?

Deutschland kann wählen:

  • der Abschlussprüfer,
  • ein anderer Wirtschaftsprüfer oder
  • ein Prüfungsdienstleister (Nicht-WP)

WPK und IDW wollen Exklusiv-Rechte:

Der Abschlussprüfer sei der geborene Prüfer. Dies stelle zwar kleine und mittlere Praxen vor enorme Herausforderungen. Doch mache Nachhaltigkeit den WP-Beruf noch vielfältiger und attraktiver.

Sehnen sich die Berufsanwärter wirklich nach einem fünften Prüfungsmodul im Examen? Das sind dann bis zu 9 Klausuren! Wer tut sich das an?

Alle anderen Player wollen dagegen Prüfungsdienstleister zulassen:

EU-Kommission, Wirtschaftsverbände, Prüfungsorganisationen und auch wp.net.

Fast alle Wirtschaftsprüfer sind BWLer oder VWLer.

Und sollen bald Angaben z.B. zu Kohlendioxid, Methan, Dickstoffstoffoxid, teilfluorierte Kohlenwasserstoffe, perlfluorierte Kohlenwasserstoffe, Schwefelhexafluorid und Stickstofftrifluorid etc. pp. prüfen.

Bewegt sich das nicht grundlegend außerhalb des Knowhows von Wirtschaftsprüfern? Drohen nicht Fehlurteile und nach Wirecard ein weiterer Reputationsverlust des Berufsstandes?

Wie stark ist die Lobby der großen Prüfungsgesellschaften?

Nach dem CSRD-Referentenentwurf soll die Prüfung des Nachhaltigkeitsberichts zur neuen Vorbehaltsaufgabe werden:

Prüfer sollen sein der Abschlussprüfer oder ein anderer Wirtschaftsprüfer. Es sollen keine Prüfungsdienstleister zugelassen werden – es droht die Verdrängung mittelständischer Prüfer.

Noch ist keine Entscheidung gefallen.

Bis 19. April 2024 konnten Verbände Stellungnahmen ans Ministerium einreichen. Insbesondere interessiert sich das Ministerium für Meinungen der Verbände über die Zulassung von Prüfungsdienstleistern.

Auch wp.net hat eine Stellungnahme eingereicht:

wp.net empfiehlt, technische Prüfungsdienstleister wie Umweltgutachter und akkreditierte Unternehmen zuzulassen.

Das lehnen WPK und IDW noch immer ab:

Die Sorge unzureichender Kapazitäten bei sei unbegründet. Wirtschaftsprüfer verfügen über Expertenwissen zur Durchführung qualitativ hochwertiger Prüfungen, heißt es dort.

Tatsächlich?

Wer mit Ablauf letzten Jahres als Wirtschaftsprüfer bestellt war, muss sich zur Nachhaltigkeit zwar fortbilden, aber keine Eignungsprüfung bestehen (Bestandsschutzregelung).

Die Fortbildung soll nach dem CSRD-Referentenentwurf Voraussetzung für die Registrierung als Prüfer für Nachhaltigkeitsberichte sein. Ohne Registrierung ist man als Prüfer für Nachhaltigkeitsberichte ausgeschlossen.

Noch immer hat die Wirtschaftsprüferkammer keine Inhalte der Fortbildung geregelt. Will sie wohl vorerst auch nicht.

Denn jetzt gesteht die Wirtschaftsprüferkammer:

Es wird nach Inkrafttreten der CSRD voraussichtlich zu wenige Prüfer für Nachhaltigkeitsberichte geben. Es drohe die Situation, dass Unternehmen keinen zugelassenen Prüfer finden.

Also gibt es doch ein Kapazitätsproblem – obwohl WPK und IDW doch stets das Gegenteil sagen.

Dieses Kapazitätsproblem lösen will die Wirtschaftsprüferkammer nun auf die ganz unorthodoxe Art:

Die Registrierung als Prüfer für Nachhaltigkeitsberichte soll nicht an den Nachweis einer vorausgehenden Fortbildung geknüpft werden. Sondern:

An die Stelle einer vorausgehenden Fortbildung tritt eine nachfolgende Fortbildung!

Diese nachfolgenden Kenntnisse sollen im Rahmen der allgemeinen Fortbildungsverpflichtung erworben werden.

Hurra: Wir setzen uns zuerst an Steuer und machen dann ganz nebenbei den Führerschein.

Wohlgemerkt:

Die nachfolgende Fortbildung soll nur übergangsweise für das Geschäftsjahr 24 gelten, d.h. für CSR-pflichtige Unternehmen, z.B. DAX-Unternehmen.

Prüfer von mittelständischen Unternehmen haben davon nichts: Mittelständische Unternehmen sind erst ab Geschäftsjahr 25 dran mit der Nachhaltigkeit.

Ich mache mir die Welt, wie sie mir gefällt? Warten wir, was die Politik dazu sagt.

Übrigens wollen WPK und IDW auch weiter ein einheitliches WP-Examen mit Nachhaltigkeit als zwingendem Bestandteil. Dagegen will der CSRD-Referentenentwurf Nachhaltigkeit als freiwilliges zusätzliches Modul einführen.

Den aktuellen Stand zur CSRD finden Sie hier.

Es bleibt spannend.

 

Literatur

Stellungnahmen zum CSRD-Referentenentwurf vom wp.net, WPK und IDW vom 19.4.2024.

   
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2.

Nachhaltigkeit 2: autonomer Bürokratieabbau – Sachsen macht es vor!

 

Nach landesrechtlichen Vorschriften sind viele öffentliche GmbH bald zum Nachhaltigkeitsbericht verpflichtet.

Um das zu verhindern, reformierte man in Nordrhein-Westfalen schon die Gemeindeordnung NRW und Eigenbetriebsordnung NRW: Hier zählt inzwischen allein die tatsächliche Größe.

Auch in Sachsen müssen öffentliche GmbH ihre Abschlüsse und Lageberichte nach den Vorschriften für große Kapitalgesellschaften aufstellen und prüfen lassen (§ 96a Abs. 1 Nr. 8 SächsGemO).

Spät, aber nicht zu spät, ist man nun auch in Sachsen draufgekommen:

Die Sächsische Gemeindeordnung soll reformiert werden. Ob man wie in Nordrhein-Westfalen auch auf die tatsächliche Größe abstellen will oder nur den Nachhaltigkeitsbericht verbannen, ist unklar: Die Änderung könne erst in der nächsten Wahlperiode geschehen.

Im Herbst ist Landtagswahl. Schon das wird spannend.

Ohne Reform würden jedenfalls auch die mittleren, kleinen und kleinsten kommunalen sächsischen Unternehmen zum Nachhaltigkeitsbericht verpflichtet – obwohl das gar nicht beabsichtigt gewesen wäre!

Vor diesem Hintergrund verkündete das Sächsische Staatsministerium des Innern im April an die sächsischen Landkreise und Gemeinden:

Es werde „rechtsaufsichtlich nicht beanstandet“, wenn kommunale Unternehmen keinen Nachhaltigkeitsbericht aufstellen, zu dem sie mittelbar nach SächsGemO verpflichtet seien.

Das heißt: Jetzt betreibt man auch schon im Ministerium munter autonomen Bürokratieabbau:

Gesetze werden nicht beachtet, weil man keine mehr Zeit hat, sie zu beachten.

Recht so: Wir müllen uns zu.

Von Ursula von der Leyen forderte EVP-Chef Manfred Weber jüngst:

Wir müssen die europäischen Arbeitsplätze im Blick haben, nicht die chinesischen.“

 

Literatur

  • Sächsisches Staatsministerium des Innern, Nachhaltigkeitsberichterstattung für kommunale Unternehmen 3.4.2024.
  • Schüttler/Gschrei, Nachhaltigkeitsreporting: Willkommen im autonomen Bürokratieabbau, DB 2024, 447.
   
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3.

Endlich: Die neuen Größenklassen-Schwellen sind Gesetz

 

Am 16. April 2024 wurden die neuen Schwellen im Bundesgesetzblatt verkündet.

Seit dem 17. April 2024 dürfen sich Unternehmen darauf berufen.

Erinnern wir uns:

Schon im Oktober 23 hatte Brüssel die EU-Bilanzrichtlinie geändert.

Zur Umsetzung brauchte Berlin ein halbes Jahr.

Wo man von Brüssel die neuen Schwellen für Bilanzsumme und Umsatzerlöse nur abschreiben musste.

Zumal die Umsetzung wegen der Rückwirkung erklärtermaßen „beschleunigt“ erfolgen sollte.

Warum dauert sowas so lange?

Zwischendurch wurde noch der „Gesetzesträger“ geändert:

  • nicht mehr Gesetz zur Änderung eines Leitentscheidungsverfahrens beim Bundesgerichtshof und zur Änderung handelsrechtlicher Vorschriften,
  • sondern Zweites Gesetz zur Änderung des DWD-Gesetzes sowie zur Änderung handelsrechtlicher Vorschriften

Sonst hätte es wohl noch länger gedauert.

   
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4.

Anhang: Ereignisse nach Schluss des Geschäftsjahres – Praxisfall

 

Eine wichtige Anhangangabe ist § 285 Nr. 33 HGB.

Anzugeben sind Vorgänge von besonderer Bedeutung, die nach dem Schluss des Geschäftsjahrs eingetreten sind und weder in Bilanz noch GuV berücksichtigt sind, unter Angabe von Art und finanziellen Auswirkungen.

Kleine Gesellschaften sind befreit (§ 288 Abs. 1 Nr. 1 HGB).

Bekannt wurde die Angabe während der Corona-Pandemie: „Wir wissen nichts!“

Ihr Revival hat sie zu Beginn des Krieges in der Ukraine: „Die Energiepreise steigen!“

Solche Worthülsen muss die Angaben nicht immer haben, nämlich dann, wenn konkrete Einzelereignisse vorliegen – dazu folgender Fall:

Ein Unternehmen will einen Standort schließen. Dazu wurde im Februar 24 ein Gesellschafterbeschluss gefasst. Bis auf wenige Eingeweihte weiß niemand davon. Im Übrigen wird das Unternehmen fortgeführt.

Ist der Gesellschafterbeschluss aus Februar 24 im Anhang 23 anzugeben?

Das Unternehmen will die Angabe vermeiden.

Unverbindlicher Lösungsvorschlag

Überträgt man die Überlegungen zur Frage der Sozialplanrückstellung im alten Jahr ja/nein auf diesen Fall, kann man analog vertreten:

Wenn bis zum Datum des Bestätigungsvermerks der Betriebsrat nicht informiert wurde: keine Angabe nach § 285 Nr. 33 HGB (vgl. Hoffmann/Lüdenbach, NWB Kommentar Bilanzierung, § 249 Rz. 16). Der Gesellschafterbeschluss allein genügt für eine wertbegründende Maßnahme nicht, da nach außen nicht kundgetan und jederzeit änderbar.

Im Prüfungsbericht ist ggf. über eine Entwicklungsbeeinträchtigung oder gar Bestandsgefährdung zu berichten.

Typische Anzeichen einer Entwicklungsbeeinträchtigung sind z.B. Verkauf oder notwendige Schließung von Teilbetrieben (vgl. IDW, WP-Handbuch, 18. Aufl. Rz. M 225).

 

Literatur

Hoffmann/Lüdenbach, NWB Kommentar Bilanzierung, 15. Aufl. 2023.

   
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5.

Seminar Q2-24

 

Das zweite Quartal steht an.

Hier gibt es die Tagesordnung.

Wir beschäftigen uns u.a. mit dem CSRD-Referentenentwurf, ChatGPT in der Wirtschaftsprüfung und wieder mit einem echten Praxisfall, bei dem die Kommission für Qualitätskontrolle einen mittelständischen Kollegen unnötig malträtierte. Doch am Ende siegte die Gerechtigkeit.

   
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6.

Herausgeber

 

WP StB Mark Schüttler – Memeler Weg 44 – 58511 Lüdenscheid

info@primus-seminare.de

 
   
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