Ein viel zitierter Grundsatz lautet: „Not documented, not done.“
Soll heißen: „Was nicht in den Arbeitspapieren steht, gilt als nicht geprüft.“
Die Suche nach der Rechtsgrundlage
Eine spontane Umfrage im Kollegenkreis ergab: Alle kannten den Grundsatz, keiner wusste, wo er steht.
Begründet eine lückenhafte Dokumentation automatisch eine mangelhafte Prüfung?
ISA (DE) 230 – Dokumentation ja, aber ...
Der Blick in ISA (DE) 230 liefert die Antwort. Darin steht:
„Der Abschlussprüfer hat die Prüfungsdokumentation so abzufassen, dass ein erfahrener, zuvor nicht mit der Prüfung befasster Prüfer in der Lage ist, Art, zeitliche Einteilung und Umfang der Prüfungshandlungen sowie die daraus resultierenden Feststellungen und daraus gezogenen Schlussfolgerungen nachzuvollziehen“ (ISA (DE) 230, Tz. 8.).
Dafür kein Wort, dass eine nicht dokumentierte Handlung als „nicht durchgeführt“ gilt.
Auch in anderen relevanten Standards: Fehlanzeige.
Stattdessen betont ISA (DE) 230:
„Ein Verständnis für bestimmte Aspekte der Prüfung kann auch durch eine Erörterung mit dem Prüfer gewonnen werden“ (ISA (DE) 230, A5).
Weiter heißt es:
„Der Umfang der Prüfungsdokumentation hängt ab von Größe und Komplexität des Unternehmens, Art der Prüfungshandlungen sowie den Risiken wesentlicher falscher Darstellungen“ (ISA (DE) 230, A2.)
Schließlich:
„Die Prüfungsdokumentation bei kleineren Unternehmen darf weniger umfangreich sein.“ (ISA (DE) 230, A16.).
Ergebnis 1: Die ISA (DE) kennen keinen Grundsatz: „Not documented, not done“.
OLG Düsseldorf klärt auf
Interessant hierzu ist ein Urteil des OLG Düsseldorf:
„Auch überzeugt es nicht, wenn der Kläger geltend macht, nicht aus den Arbeitspapieren dokumentierte Prüfungshandlungen seien als nicht geschehen zu werten. (…) Zudem wäre es verfehlt, nicht dokumentierte Prüfungshandlungen als ungeschehen zu werten. Denn hierdurch würde ein Fehler der Dokumentation der fehlerhaften Erfüllung des Auftrags gleichgesetzt.“ (OLG Düsseldorf, Az. 22 U 31/20, Urteil vom 20.05.2021).
Ergebnis 2: Die Rechtsprechung verwirft sogar den Grundsatz „Not documented, not done“.