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NEWSLETTER AUGUST 2025

THEMEN

 
1. Wie im Märchen: WPK-Jahresabschluss und Lagebericht 2024 – Fast nichts dazugelernt
2. Bestandsgefährdung im Konzern
3. Erträge aus Anlagenabgängen – Umsatzerlöse oder sonstige betriebliche Erträge?
4. Unsere Seminarthemen im dritten Quartal 2025
5. Herausgeber
1.

Wie im Märchen: WPK-Jahresabschluss und Lagebericht 2024 – Fast nichts dazugelernt

 

Alljährlich liefert die Wirtschaftsprüferkammer mit ihrem Jahresabschluss und Lagebericht Paradebeispiele für Bad Practice.

Es war einmal … vier Auffälligkeiten im Jahr 2023

1. Ein Deckblatt – vier Fehler

Der Lagebericht gehört nicht zum Jahresabschluss. 2. Die richtige Reihenfolge vom Jahresabschluss ist Bilanz, GuV und Anhang. 3. Der Bestätigungsvermerk gehört nicht zum Jahresabschluss. 4. Der Wirtschaftsplan auch nicht.

2. Immobilienbewertung

Die WPK schreibt ihr eigenes Haus im noblen Berlin-Tiergarten über nur 25 Jahre Nutzungsdauer ab – und macht gleichzeitig die Bewertung von Immobilien des Anlagevermögens zum Schwerpunkt ihrer Abschlussdurchsicht. Bei Auffälligkeiten droht dem Prüfer ein Vorermittlungsverfahren.

3. Wie geht Plural?

Im Lagebericht sind die bedeutsamsten finanziellen Leistungsindikatoren zu analysieren (§ 289 Abs. 1 Satz 4 HGB).

Doch die WPK benennt nur einen: das Jahresergebnis.

So erspart sich der WPK-Vorstand ganz bequem die lästige Prognose z.B. zu Umsatzerlösen, Guthaben bei Kreditinstituten oder sonstigen Wertpapieren des Anlagevermögens, die munter durch die Decke gehen, weil die WPK nicht weiß, wohin mit ihrem Geld.

4. Plus und Minus

Und so gibt die WPK im Lagebericht nur eine Prognose für ihren Jahresüberschuss an – und greift Jahr für Jahr daneben … sagenhaft!

2022: Prognose Jahresfehlbetrag TEUR 925 – tatsächlich Jahresfehlbetrag TEUR 2.021

2023: Prognose Jahresfehlbetrag TEUR 530 – tatsächlich Jahresüberschuss TEUR 1.130

Fast alle Umsatzerlöse sind Mitgliedsbeiträge, deren Höhe die WPK selbst festlegt. Woher kommen diese Ergebnisdifferenzen?

WPK handelt – aber nur ein bisschen

Zum Jahresabschluss und Lagebericht 2024 hat man jetzt das Deckblatt teilweise berichtigt – so genau werden die WPK-kritischen Veröffentlichungen von PR1MUS und wp.net offenbar gelesen.

Doch zu mehr reichte es nicht. Wieder wurde die Prognose deutlich verfehlt.

2024: Prognose Jahresfehlbetrag TEUR 375 – tatsächlich Jahresüberschuss TEUR 1.110

Man könnte fast meinen, in der Planung sei hier und da das Vorzeichen verrutscht.

Übrigens: Das Honorar für die Prüfung des WPK-Jahresabschlusses 2024 betrug TEUR 63 – fast schon ein eigener finanzieller Leistungsindikator!

Wieder einmal gilt mit Roland Kaiser: „Ein Ende kann ein Anfang sein.“ Nächstes Jahr ist Beiratswahl. Hinfort mit Dir, lieber WPK-Vorstand.

 

Literatur

  • PR1MUS, Falsche Welt, Dir traue ich nicht – WPK-Jahresabschluss und -Lagebericht 2023 (Worst Practice), Q4-24.
  • Schüttler, in: wp.net (Hrsg.), Präsentation des WPK-JA 2023 zeigt Fehler, 7.10.2024.
  • Schüttler, in: wp.net (Hrsg.), Miss die WPK Lageberichte mit zweierlei Maß, 5.8.2024.
   
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2.

Bestandsgefährdung im Konzern

 

Die Betriebs-GmbH hat ihre Grundstücke von der Besitz-KG langfristig gemietet.

Die Betriebs-GmbH ist Mutterunternehmen, die Besitz-KG Tochterunternehmen.

Frage

Strahlt die Bestandsgefährdung des Mutterunternehmens auf das Tochterunternehmen aus?

Unverbindlicher Antwortvorschlag

Ein Konzern, zwei Unternehmen.

Der Prüfer muss die Bestandsgefährdung von Mutterunternehmen und Tochterunternehmen zwar getrennt beurteilen.

In vielen Fällen wird sich die Bestandsgefährdung dennoch durchreichen: Fällt das Mutterunternehmen, fällt auch das Tochterunternehmen. Zwingend ist diese Ausstrahlung aber nicht.

Bestandsgefährdung ist ein unbestimmter Rechtsbegriff.

Gemeint ist: Es droht die Einstellung der Unternehmenstätigkeit, insb. aufgrund von

  • Zahlungsunfähigkeit (§ 17 Abs. 1 InsO) oder
  • Überschuldung bei negativer Fortbestehensprognose (§ 19 Abs. 2 InsO).

Diese Fortbestehensprognose ist eine Zahlungsfähigkeitsprognose.

Beim Mutterunternehmen gilt für den Prüfer:

Beurteilungszeitraum für Going Concern = zwölf Monate ab Datum des Bestätigungsvermerkes (IDW PS 270 n.F. (10.21), Tz. A13; IDW F&A zu ISA 570 (R) bzw. IDW PS 270 n.F., Fragen 4 u. 6).

Diesen Zeitraum kann der Prüfer auf das Tochterunternehmen übertragen unterstellen, wenn er auch dessen Geschäftsführung zur Einschätzung der Unternehmensfortführung auffordert. Diese Aufforderung ist zwingend, sonst hat der Prüfer ein Prüfungshemmnis und muss versagen (IDW PS 270 n.F. (10.21)., Tzn. 5 u. 29 sowie Anlage 4).

Im konkreten Fall

Das Tochterunternehmen erzielt seine Zahlungseingänge allein aus den Mieten des Mutterunternehmens.

Zahlungsausgänge bestehen für Instandhaltung, Klimainvestitionen in Gebäude, Bauvorhaben, Grundsteuern und Gewerbesteuern.

Drohen die Mieten auszufallen, droht Zahlungsunfähigkeit – also Bestandsgefährdung auch beim Tochterunternehmen. Das ist die genannte Ausstrahlung.

Was kann die Ausstrahlung verhindern?

Alles, was die Zahlungsunfähigkeit des Tochterunternehmens verhindert, z.B.

  • ausreichend eigene liquide Mittel – keine Forderungen gegen das Mutterunternehmen, denn die fallen im Zweifel ebenso aus wie die Mieten – ggf. eiserne Reserve anlegen!
  • Zahlungsmittel aus einem Verkauf von Grund und Boden
  • Zahlungsmittel aus einer Darlehensaufnahme gegen Grundschuld, soweit die Grundstücke nicht schon mit Pfandrechten auf Darlehen der Betriebs-GmbH belastet sind

Fazit

Die Besitz-KG lebt von der Betriebs-GmbH – und stirbt mit ihr.

 

Literatur

  • PR1MUS, Rechnungslegung in der Insolvenz, Q3-25.
  • PR1MUS, Krieg und Krise, Bestandsgefährdung und Entwicklungsbeeinträchtigung, Q1-23.
   
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3.

Erträge aus Anlagenabgängen – Umsatzerlöse oder sonstige betriebliche Erträge?

 

Ein Unternehmen investiert und verkauft seine alten Maschinen.

Realisiert es Umsatzerlöse oder sonstige betriebliche Erträge?

Früher war es einfach – Früher war mit Loriot auch mehr Lametta

Vor dem Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetz 2015 (BilRUG) war klar: Umsatzerlöse stammten aus dem Verkauf oder Vermietung von für die gewöhnliche Geschäftstätigkeit typischen Erzeugnissen, Waren und Dienstleistungen (§ 277 Abs. 1 HGB a.F.). Der Verkauf von Sachanlagen führte zu sonstigen betrieblichen Erträgen.

Heute ist es kompliziert

Nach dem BilRUG sind Umsatzerlöse Erlöse aus dem Verkauf oder der Vermietung von Produkten und der Erbringung von Dienstleistungen (§ 277 Abs. 1 HGB).

Und hier zeigt ein Widerspruch in der herrschenden Literaturmeinung:

  • Einerseits wird von einer BilRUG-bedingten Erweiterung des Umsatzerlösbegriffes gesprochen. Dazu lehnt die herrschende Meinung die am Gesetzeswortlaut orientierte Auslegung ab. Der Wortlaut stellt auf das Produkt ab. Produkt sind Waren und Dienstleistungen. Nach dem Wortlaut würde also der geschäftsmodellabhängige Umsatzerlösbegriff bestehen bleiben, d.h. für die gewöhnliche Geschäftstätigkeit typische Erzeugnisse und Waren. Doch nimmt die herrschende Meinung an, dass es auf das Geschäftsmodell nicht mehr ankommt.
  • Andererseits sollen auch nach der erklärten BilRUG-bedingten Erweiterung des Umsatzerlösbegriffes Sachanlagenverkäufe weiterhin zu sonstigen betrieblichen Erträgen führen.
  • Wenn die herrschende Meinung über den Gesetzeswortlaut hinaus beim Produkt nicht nur auf Erzeugnisse und Waren abstellen will, wäre es konsequent, auch beim Verkauf von Sachanlagen Umsatzerlöse zu buchen. Tatsächlich wird diese Mindermeinung m.E. zurecht vertreten (vgl. Hoffmann/Lüdenbach, NWB Kommentar Bilanzierung, 16. Aufl. 2025, § 277, Rz. 8).
  • In beiden Fällen – Umsatzerlöse oder sonstige betriebliche Erträge – könnte der Verkauf als Ertrag von außergewöhnlicher Größenordnung oder Bedeutung anzugeben sein (§ 285 Nr. 32 HGB).

Fazit: Der mandantenorientierte Prüfer hat zwei gegenteilige Literaturmeinungen zur Hand …

 

Literatur

Hoffmann/Lüdenbach, NWB Kommentar Bilanzierung, 16. Aufl. 2025, § 277, Rzn. 5 – 8.

   
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4.

Unsere Seminarthemen im dritten Quartal 2025

 

Die Tagesordnung finden sie hier.

Wir behandeln u.a.

  • Update Bestätigungsvermerk 2025 (IDW PS 400 n.F. (03.25))
  • Arbeitspapiere: Skaliert dokumentieren nach ISA (DE) 230
  • Big Points: Rechnungslegung in der Insolvenz (IDW RH HFA 1.012)
  • Update Klimainvestitionen in Gebäude: Was gilt in der Steuerbilanz (IDW IFA 1 n.F.)

 

 

Wir sehen uns – PR1MUS voraus ®

   
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5.

Herausgeber

 

WP StB Mark Schüttler – Memeler Weg 44 – 58511 Lüdenscheid

info(at)primus-seminare.de 

 
   
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