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Fachnachrichten plus

NEWSLETTER SEPTEMBER 2025

THEMEN

 
1. Die Sonnenanbeterin von Sanssouci
2. CSRD-Referentenentwurf: Gesetzgebung im Blindflug
3. Bestandsgefährdung im Bestätigungsvermerk
4. Verspätete Feststellung: Redepflicht im Prüfungsbericht?
5. Herausgeber
1.

Die Sonnenanbeterin von Sanssouci

 

Letzte Woche war ich im Schlosspark von Sanssouci. Dort erfährt man mehr über das Prüfungsgeschäft als in manchem Seminar. Eine Gottesanbeterin weckte mein Interesse. Lesen sie selbst!

Im Garten, wo die Sonne thront,
wo Marmor glänzt, die Ordnung wohnt,
da sitzt sie stolz, doch ohne Müh –
die Herrin hoch zu Sanssouci.

Er dient ihr still mit Fleiß und Pflicht,
er rechnet, prüft und klagt doch nicht.
Er ordnet alles, wie sie’s mag,
und opfert ihr den langen Tag.

Sie schaut allein auf ihren Glanz,
auf Regelwerk und Paragraphenkranz.
Was er auch schafft, es zählt nicht viel –
nie reicht es ihr, es bleibt ihr Spiel.

Und wenn der Abend niedergeht,
ihr Blick auf ihren Gatten steht.
Mit süßem Lächeln, ganz galant,
verzehrt sie Haupt und Herz und Hand.

So bleibt vom Prüfer nichts zurück,
sein Eifer schwindet Stück für Stück.
Die Gottesanbeterin – die Kommission,
der Prüfer ihr genüsslich‘ Glück.

 

Literatur

Gottesanbeterinnen, Noch perfider als gedacht, Focus, 29.8.2025.

   
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2.

CSRD-Referentenentwurf: Gesetzgebung im Blindflug

 

Déjà-vu im Gesetzgebungsverfahren

Direkt vor der Sommerpause veröffentlichte das Bundesjustizministerium seinen neuen CSRD-Referentenentwurf.

Wir erinnern uns:

Schon im März 2024 gab es einen Referentenentwurf, im Juli 2024 dann einen Gesetzentwurf. Dann kam das Ende der Ampel-Koalition und mit dem Bundestag die Diskontinuität: Zurück auf Los.

Nun also ein neuer Aufschlag: Der Referentenentwurf ist noch länger geworden: 205 Seiten Entwurf plus 643 Seiten Synopse. Macht zusammen: 848 Seiten Lesestoff.

Hauruck-Aktion: Keine zwei Wochen Zeit hatten die Verbände zur Stellungnahme. Dennoch gingen wieder über 70 Stellungnahmen beim Bundesjustizministerium ein.

Eile ohne Druck

Warum jetzt schon wieder ein Referentenentwurf?

Genannt wird das seit letztem Jahr laufende EU-Vertragsverletzungsverfahren. Deutschland hätte die CSRD schon bis Juli 2024 umsetzen müssen.

Der Grund ist formal korrekt, doch praktisch irrelevant, denn die EU treibt das Verfahren derzeit zurecht nicht voran. Im Gegenteil: Die EU arbeitet an einer teilweisen Rückabwicklung von CSRD und ESRS.

Damit ist schon heute klar, dass das deutsche CSRD-Umsetzungsgesetz kurz nach Inkrafttreten schon wieder geändert werden muss. Man denke an einen Neuwagen, dessen erste Fahrt vom Hof des Händlers direkt in die Werkstatt führt.

Was der Referentenentwurf bringt – und was nicht

Verschobene Erstanwendungszeitpunkte: Große Kapitalgesellschaften und haftungsbeschränkte Personenhandelsgesellschaften müssen ihren ersten Nachhaltigkeitsbericht nicht schon für das Jahr 2025, sondern erst für das Jahr 2027 aufstellen. Insoweit wurde die CSRD dieses Jahr schon geändert (Stop the Clock).

Omnibus-Initiative: Weitgehend außen vor lässt der Referentenentwurf dagegen die von der EU-Kommission schon angekündigte Einführung der Mitarbeiter-Schwelle auf 1.000 als weitere Voraussetzung zur Nachhaltigkeitsberichtspflicht. Und die Industrie fordert inzwischen eine noch höhere Schwelle.

Zeitplan vs. Realität

Das Bundesjustizministerium will das CSRD-Umsetzungsgesetz bis Jahresende beschlossen wissen.

Mehr Zeit nimmt sich die EU. Sie will CSRD und ESRS aber erst bis Anfang 2026 geändert haben.

Wie soll das funktionieren? Das funktioniert nur, indem das neue CSRD-Umsetzungsgesetz direkt nach Inkrafttreten Anfang kommenden Jahres schon wieder geändert wird. Sapperlot!

Vorbehaltsaufgabe: Konjukturprogramm für Big4?

Zur vollsten Zufriedenheit von WPK und IDW sieht der Referentenentwurf weiterhin die Vorbehaltsaufgabe vor. Da hätte man sich vom nun SPD-geführten Bundesjustizministerium mehr versprochen.

Treffendes findet sich dazu in der CSRD-Stellungnahme von DIE FAMILIENUNTERNEHMER e.V.: „(…) insbesondere ist eine Stärkung der oligopolistischen Strukturen der „Big Four“ zu erwarten, die für die betroffenen Unternehmer teuer ist.“

Der Wirtschaftsprüfer ist kein „geborener Prüfer“, auch wenn die Wirtschaftsprüferkammer nicht müde wird, das immer wieder zu betonen.

Ist es nicht ein Wahnsinn: Der TÜV Süd darf Wirtschaftsprüfer fortbilden – aber selbst keine Nachhaltigkeitsberichte prüfen?

Warum also lassen etwa Frankreich, Spanien und Österreich Prüfungsdienstleister zu – Deutschland aber nicht? Hier ist das letzte Wort noch nicht gesprochen.

Gewerkschaften fordern mehr statt weniger

Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) meldet sich zu Wort – mit überraschender Stoßrichtung: mehr statt weniger Berichtspflichten.

Er lehnt das Omnibus-Paket ab. Die Einführung der Mitarbeiter-Schwelle von 1.000 und die Reduktion der Angabepflichten und Datenpunkte seien irritierend.

Irritierend ist eher die Forderung selbst: statt zu entschlacken will der DGB weiter aufblähen: „dass Gewerkschaften und betriebliche Arbeitnehmer*innenvertretungen als wichtige Stakeholder und Zielgruppe der Berichterstattung im Gesetzestext aufgenommen werden.“

Lieber DGB, dazu fällt mir nun gar nichts mehr ein …

Fazit

Ein Referentenentwurf voller Diskontinuitäten, auseinanderlaufenden Zeitplänen und schon bei Inkrafttreten überholten Vorschriften.

Drum ist der Weisheit erster Schluss: Gesetzgebung gerät zum Überdruss.

 

Literatur

  • wp.net, CSRD-Stellungnahme, 21.7.2025
  • Die Familienunternehmer, CSRD-Stellungnahme, 21.7.2025.
  • TÜV Süd, CSRD-Stellungnahme, 21.7.2025.
  • Deutscher Gewerkschaftsbund, CSRD-Stellungnahme, 21.7.2025.
   
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3.

Bestandsgefährdung im Bestätigungsvermerk

 

Der Mandant und die Wortwahl

Ein Unternehmen ist bestandsgefährdet.

Der Mandant stört sich am Bestätigungsvermerk: Über eine wesentliche Unsicherheitkönne man sprechen, aber der Begriff bestandsgefährdende Risiken sei nicht akzeptabel – das klinge zu drastisch.

Die Frage: Darf der Prüfer den Bestätigungsvermerk sprachlich entschärfen?

Unverbindlicher Lösungsvorschlag

Nach IDW muss der Prüfer im Bestätigungsvermerk erklären,

  • dass eine wesentliche Unsicherheit besteht, die bedeutsame Zweifel an der Fähigkeit des Unternehmens zur Fortführung der Unternehmenstätigkeit aufwerfen kann,
  • dass das Prüfungsurteil insoweit nicht modifiziert ist und
  • dass wesentliche Unsicherheiten bestandsgefährdenden Risiken nach § 322 Abs. 2 Satz 3 HGB entsprechen (IDW PS 270 n.F. (10.21), Tz. 30 Buchst. b).

Und weiter:

  • In der Anhangangabe des Unternehmens kann alternativ zum Begriff der wesentlichen Unsicherheit der Begriff des bestandsgefährdenden Risikos verwendet werden.
  • Im Bestätigungsvermerk des Prüfers sind demgegenüber zwingend beide Begriffe zu verwenden (IDW PS 270 n.F. (10.21), Tz. A4). Der Grund ist klar: Das HGB kennt keine „wesentliche Unsicherheit“ – die kennt nur das IDW.

Fazit

Der Verweis auf bestandsgefährdende Risiken im Bestätigungsvermerk ist verpflichtend. Eine sprachliche Entschärfung ist nicht möglich.

   
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4.

Verspätete Feststellung: Redepflicht im Prüfungsbericht?

 

Ausgangspunkt: verspätete Aufstellung und Offenlegung

Verspätete Aufstellung, verspätete Offenlegung – diese Verstöße begegnen uns in der Vorwegberichterstattung im Prüfungsbericht des Folgejahres immer mal wieder. M.E. handelt es sich grundsätzlich nur um einfache, nicht berichtspflichtige Verstöße.

Berichtspflichtig sind schwerwiegende Verstöße z.B. gegen das Geldwäschegesetz, Kartellgesetz oder gegen Korruptionsvorschriften (vgl. Hoffmann/Lüdenbach, NWB Kommentar Bilanzierung, § 321, 16.  Aufl. 2025, Rz. 45).

Berichtspflicht besteht nur als Positiverklärung. Der Prüfer darf nur berichten, wenn er einen Vorstoß erkennt. Die Negativerklärung („… haben wir im Rahmen unserer Prüfung nicht festgestellt“) ist nicht nur nicht erforderlich, sondern sogar unzulässig (vgl. Ebke, in: MüKoHGB, 5. Aufl. 2024, § 321, Rz. 48).

Feststellungsfristen

Auch bei der Feststellung gelten Fristen:

  • Jahresabschlüsse großer und mittelgroßer GmbH: Feststellung binnen acht Monaten
  • Jahresabschlüsse kleiner GmbH: Feststellung binnen elf Monaten

Die Satzung kann die Frist verkürzen, aber nicht verlängern (§ 42a Abs. 2 Sätze 1 u. 2 GmbHG). Entsprechendes gilt für die Billigung eines Konzernabschlusses.

Verspätete Feststellung wiegt schwer

Der Prüfer muss die Feststellung des Vorjahres prüfen.

Vor Feststellung ist der Jahresabschluss nur Entwurf, kann – oder muss sogar – wieder geändert werden, auch wenn er schon geprüft wurde. Insb. bestandsgefährdete Unternehmen können schnell von einer solchen rückwirkenden Änderung betroffen sein: Denn bei Going Concern gilt nach IDW kein Stichtagsgrundsatz, das gilt sogar für unwissbare wertbegründende Ereignisse – der Abschluss wird rückwirkend falsch! Solche Ereignisse können auch den Widerruf des Bestätigungsvermerks erfordern. Dann ist der Abschluss gar nicht mehr feststellungsfähig.

Ist also die verspätete Feststellung berichtspflichtig?

Das Gesetz ist eindeutig: Der Prüfer muss über schwerwiegende Verstöße der gesetzlichen Vertreter berichten (§ 321 Abs. 1 Satz 3 HGB). Gesellschafter sind nicht gesetzliche Vertreter.

So nennt denn auch das IDW nur „wesentliche Verletzungen von Aufstellungs- und Publizitätspflichten“ als mögliche Verstöße (IDW PS 450 n.F. (10.21), Tz. 50).

Damit löst die verspätete Feststellung keine Redepflicht als sonstiger Verstoß in der Vorwegberichterstattung im Prüfungsbericht aus.

Das überrascht: Denn meist gehen verspätete Aufstellung, Feststellung und Offenlegung Hand in Hand.

 

Wir sehen uns – PR1MUS voraus ®

   
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5.

Herausgeber

 

WP StB Mark Schüttler – Memeler Weg 44 – 58511 Lüdenscheid

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